Mit dem Auto fahren wir am Samstagmorgen ins Rätikon. Im Klettergarten Gruoben und Umgebung erwarten uns viele Kletterrouten. Am Abend lassen wir uns im Berghaus Alpenrösli verwöhnen. Am nächsten Tag können wir Mehrseillängen klettern oder nochmal in den Klettergarten, bevor es wieder zurück in den Thurgau geht.
Frauenkletterwochenende
Ein Blick auf die Wettervorhersage änderte ein ganzes Wochenende und gab Aufschluss über die Frauengruppe, die zwei Tage klettern wollte. Anstatt Bündner Nusstorte, bestes Tartufo? Anstatt Massenlager in den Bergen, eine Isomatte im Maggia-Tal? Und so wurde aus regnerischen Tagen am nassen Felsen im Rätikon, sommerlich, heisse Höhenflüge am griffigen Kalkstein im Tessin. Alles war nur möglich Dank der wunderbaren Spontanität der achtköpfigen Gruppe.
Am Samstag zehn Uhr standen die Kletterinnen, die aus der ganzen Schweiz angereist waren, am Camping Piccolo Paradiso im Maggia-Tal. Nicht nur Klettererfahrung, sondern auch handwerkliches Geschick brachten wir mit. So wurden die Zelte innert kürzester Zeit aufgestellt und eine kaputte Zeltstange mit einem eleganten Knoten zusammengezurrt.
Sobald das Wochenendlager stand, stärkten wir uns vor der Kletterei am Ponte Brolla. Das Klettergebiet war ca. 30 Minuten Gehweg entfernt. Wir kürzten diesen mit einer Autoreise ab, verloren die gewonnenen Minuten jedoch wieder mit der Suche nach dem Einstieg. Dafür entfaltete sich definitiv ein Urlaubsflair: blühende Hortensiengärten, typische Steinhäuschen und der glassklaren Maggia, gesäumt von runden weissen Steinen.
Im Sektor Rovine di Castillere der Ponte Brolla angekommen luden mehrere 4a bis 6a auf ein gemächliches Kletterdebüt ein. Doch der schöne Blick auf Locarno und den Lago Maggiore trösteten nicht über die strenge Routenbeurteilung hinweg. Die Plattenkletterei und vor allem der meist anspruchsvolle Einstieg entpuppten sich als gewöhnungsbedürftig. Dennoch erklommen wir mehrere Einseilrouten. Manche konnten ihre leicht eingerosteten Kletterkünste wieder entfalten und durch die tolle Anleitung von Steffi und Thabea ausbauen.
Der Nachmittag verging wie im Flug. Der Wassermangel trieb uns dennoch am Spätnachmittag ins Tal. Die Südexposition machte sich deutlich bemerkbar, weshalb ein Bad in der Maggia uns eine wohltuende Abkühlung brachte. Den Tag beendeten wir mit einem leckeren Abendessen unter Lichterketten auf der Terrasse des Grotto Mai Morire.
Am Sonntag standen Mehrseillängen am Speroni di Ponte Brolla auf dem Programm. Dieses Mal legten wir den gesamten Weg zu Fuss zurück und durchquerten Weidelandschaften, Weinanbaugebiete und dichten Laubwald. Idylle soweit das Auge reicht, wäre da nicht der Strommast, an dem sich unsere Gruppe trennte. Die eine Gruppe wählten den Sektor Placa di Maoph, um sich in der Mehrseillängentechnik zu schulen. Unterdessen ging die zweite Gruppe in den Sektor A zur Zombie mit fünf Seillängen. Unsere Kletterfinken waren schon geschnürt, da tauchte plötzlich aus den Büschen ein nicht endend wollender Strom von motiviert lächelnden Gesichtern auf. Und natürlich haben es die meisten Kletterer auf dieselbe Route abgesehen. Eilig legten wir die ersten drei Längen der Zombie zurück. Dabei stellten wir freudig fest, dass sich unsere Plattenkletterkenntnisse zum Vortag verbessert hatten. Dann wurde der Druck durch die nachfolgenden Kletterer unangenehm und der vergangene Klettertag machte sich mit Finger- und Zehenschmerzen bemerkbar. Das verleitete uns dazu, eine Pause auf einem Vorsatz zu machen, mit Blick auf die im Tal dahinschlängelnde Maggia.
Der Bergsteigerandrang liess nicht nach. Eine entgegenkommende Gruppe gab uns dann den Tipp, nächstes Mal bereits um 8 Uhr am Felsen zu sein. Sie hätten weder Sonne, noch Nebenbuhler gehabt. Gut zu wissen.
Unserem Mittagessen folgte deshalb das Abseilen. Am Campingplatz trafen wir die erste Gruppe, die von erfolgreich absolvierten Mehrseillängen berichten konnten. Nach einem erneuten Maggiabad traten wir die lange Rückreise an. Dessen Hinweg sich hundertprozentig gelohnt hatte. Denn nicht nur die Sonne hat uns ein strahlendes Wochenende beschert, sondern vor allem die tolle, motivierte und unkomplizierte Frauentruppe, die einfach nur klettern wollte.
Jessica Roberts
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